Kein Einspruch gegen Bussgeldbescheid mit Email

Ein mit einer E-Mail eingelegter Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid ist nicht gültig.

Gemäß § 67 OWiG ist ein Einspruch entweder schriftlich oder zur Niederschrift der Verwaltungsbehörde einzulegen. Ein mit einer E-Mail eingelegter Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid entspricht nicht der zwingenden Formvorschrift des § 67 OWiG und ist daher als unzulässig zu verwerfen.

Dies hat das Landgericht Heidelberg in seiner Entscheidung vom 18.01.2008
AZ – 11 Qs 2/08 OWi  so entschieden.

Hier der Wortlaut der Entscheidung:

Entscheidungsgründe:

„Durch den angefochtenen Beschluss verwarf das Amtsgericht den – per e-mail eingelegten – Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid der Stadt Walldorf vom 11.09.2007 als unzulässig. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde ist zwar zulässig aber unbegründet.

Die Kammer tritt den Erwägungen des Amtsgerichts in den Gründen der angefochtenen Entscheidung bei. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen.

Der Einspruch wurde nicht entsprechend der zwingenden Formvorschrift des § 67 OWiG eingelegt und musste daher gemäß § 70 Abs. 1 OWiG als unzulässig verworfen werden, weil mit der am 28.07.2007 gesendeten e-mail nicht wirksam Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt werden konnte. Gemäß § 67 OWiG ist ein Einspruch entweder schriftlich oder zur Niederschrift der Verwaltungsbehörde einzulegen, worauf der Beschwerdeführer durch die Rechtsmittelbelehrung im Bußgeldbescheid auch ausdrücklich hingewiesen wurde.

Zur Schriftform gehört regelmäßig, von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen, die Unterzeichnung des Schriftstückes, die hier schon wegen der gewählten Versandart von vornherein ausschied. In jedem Fall erforderlich und unverzichtbar ist weiter die Vorlage eines Schriftstücks, das wenn nicht unmittelbar aus der Hand des Erklärenden, so doch aus seinem Verantwortungsbereich stammen muss. Daran fehlt es bei einer Übersendung auf elekronischem Weg.

Unabhängig hiervon muss in jedem Fall die Identität der Person des Erklärenden ebenso feststehen wie die Ernsthaftigkeit und das Bewusstsein, damit eine verbindliche Erklärung gegenüber dem Gericht abzugeben. Auch dies ist bei der Abgabe von Erklärungen auf elektronischem Wege in aller Regel nicht gewährleistet, weshalb diese Form der Übersendung im Allgemeinen nicht akzeptiert werden kann und daher gesetzlich nicht zugelassen ist.

Allerdings gestattet der durch das Justizkommunikationsgesetz am 22.3.2005 (BGBl. I S. 837) eingeführte § 41a StPO, der gemäß § 46 Abs. 2 OWiG auch im Bußgeldverfahren anzuwenden ist, zumindest im Ansatz, an Gerichte oder Behörden zu richtende Erklärungen auch als elektronische Dokumente einzureichen. Dies führt hier allerdings aus mehreren Gründen nicht zur Wirksamkeit der Einspruchseinlegung:

Gemäß § 41a Abs. 2 StPO bestimmen die Landesregierungen durch Rechtsverordnung u.a. den Zeitpunkt, von dem an elektronische Dokumente bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften eingereicht werden können. Eine solche Rechtsverordnung besteht in Baden-Württemberg bislang nicht, weshalb § 41a StPO nicht angewandt werden kann. Lediglich für Verfahren nach der Zivilprozessordnung erlaubt die Verordnung des Justizministeriums vom 15.06.2004 (GBl.S. 590), elektronische Dokumente einzureichen, wobei auch dies nur gegenüber dem Landgericht Mannheim möglich ist. Da eine entsprechende Regelung für den Bereich der Strafrechtspflege fehlt, kann der Einspruch gegen den in einer Bußgeldsache ergangenen Bußgeldbescheid nicht per e-mail eingelegt werden. Soweit verschiedene Verwaltungsbehörden – etwa die Stadt Stuttgart – auf ihrer Homepage darauf hinweisen, die Einlegung des Einspruchs sei auch per e-mail möglich, kann die Kammer dem nicht folgen, weil dies dem Gesetz in der derzeit gültigen Fassung widerspricht. Auch die in der Kommentarliteratur (vgl. Göhler, OWiG, 14. Auflage, § 67, Rn. 22a) vertretene gegenteilige Auffassung teilt die Kammer aus diesem Grund nicht. Im Übrigen wäre auch nach der dort vertretenen Ansicht der Einspruch hier unzulässig, weil die Zulässigkeit des durch e-mail eingelegten Rechtsbehelfs davon abhängig sein soll, ob die Verwaltunsgbehörde im Bußgeldbescheid – im Text oder Briefkopf – eine e-mail-Adresse angibt. Dies war hier nicht der Fall.

Soweit es der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Beschluss vom 05.04.2000 ( NJW 2000, 2340) zur Erfüllung der gesetzlich erforderlichen Schriftform zudem ausreichen ließ, Schriftsätze durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Empfängers zu übermitteln, führt dies ebenfalls nicht zur Zulässigkeit des Einspruchs, weil die e-mail des Beschwerdeführers diesen Anforderungen nicht genügt. Die Unzulässigkeit des Einspruchs folgt auch aus der Regelung der §§ 46 Abs. 2 OWiG, 41a StPO. Um einerseits die Authentizität des elektronischen Dokuments zu gewährleisten und andererseits Missbrauchsmöglichkeiten auszuschließen, stellt § 41a Abs. 1 S. 1 StPO erhöhte Anforderungen an ein solches Dokument, das nur dann als wirksame Erklärung angesehen wird, wenn es eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne von § 2 Nr. 3 Signaturgesetz (SigG) vom 16.05.2001 (BGBl. I S. 876) enthält. Hiermit muss das elektronisch versandte Dokument – hier also der Einspruch – versehen sein, weil nur so der Absender und damit gleichzeitig die Ernsthaftigkeit seiner Erklärung zweifelsfrei festgestellt werden können. Mit einer solchen qualifizierten elektronischen Signatur ist die e-mail, die vom Beschwerdeführer stammen soll, nicht versehen, weshalb sie nicht als formwirksamer Einspruch taugte.

Ob dem Beschwerdeführer möglicherweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren ist, hat die Kammer nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.“

Rechtsanwalt Michael Erath
Fachanwalt für Strafrecht
Vertretung im Strafrecht und Bußgeldsachen
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